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Analyse von Hugo Müller-Vogg - Anwalt des kleinen Mannes? Die vielen Widersprüche im Programm der AfD

Focus Online
13.01.2025 ()


Analyse von Hugo Müller-Vogg - Anwalt des kleinen Mannes? Die vielen Widersprüche im Programm der AfD„Wir sind Liberale und Konservative. Wir sind freie Bürger unseres Landes. Wir sind überzeugte Demokraten.“ So beginnt das Grundsatzprogramm der AfD. Auf dem Parteitag der Rechtsaußenpartei am Wochenende in Riesa war von liberal und konservativ jedoch nichts zu spüren. Im Gegenteil: Die AfD zeigte, was ihr der Verfassungsschutz längst bescheinigt hat, ihre eindeutig rechtsextremistischen Züge. Auf dem Parteitag herrschte eine aggressive, intolerante Grundstimmung gegen alle demokratischen Parteien und vor allem gegen Ausländer. Wenn konservativ auch etwas mit dem Stil der politischen Auseinandersetzung zu tun hat, dann zeigten sich Kanzlerkandidatin Alice Weidel und ihre Fans alles andere als konservativ. Es ging krawallig, unversöhnlich und ungehobelt zu. Zuwanderung ist für die AfD das zentrale Thema Weidel nannte die CDU eine „Betrügerpartei“. Das ist insofern fast witzig, weil die AfD nichts lieber täte als mit der CDU zu koalieren – also mit „Betrügern“. Ganz abgesehen von verquerem Denken: Echte Liberale und wahre Konservative diffamieren den politischen Gegner nicht als Betrüger. Für die AfD ist die Zuwanderung beziehungsweise deren Eindämmung das zentrale Thema. Kaum ein Problem, das sich nach AfD-Ansicht nicht durch eine rigorose Beschränkung der Migration lösen ließe. Der völkische Nationalismus ist nicht länger das Spezialgebiet von Björn Höcke und seiner großen innerparteilichen Gefolgschaft. Weidel hat geradezu genüsslich den rechtsextremistischen Begriff „Remigration“ für Abschiebungen im großen Stil in den Saal gebrüllt. Falls es in der AfD noch ein paar gemäßigte National-Konservative geben sollte: zu sagen haben sie nichts mehr. Die AfD als Anwalt des kleinen Mannes? Besonders gern spielt die AfD Flüchtlinge gegen die „kleinen Leute“ aus. Für die einen sei viel Geld da, für die anderen fehle es. Das will die AfD – natürlich – ändern. Die AfD als Anwalt des kleinen Mannes? Was Weidel, Höcke & Co. gerne vorgeben, findet im Wahlprogramm kaum einen Niederschlag. Vielmehr würden unter einer AfD-Regierung vor allem Unternehmer und finanziell Bessergestellte profitieren. So sollen unter anderem die Erbschaftsteuer sowie die nicht mehr erhobene Vermögensteuer abgeschafft werden. Abschaffung der Erbschaftsteuer – nicht einmal die FDP würde eine so einseitige Bevorzugung der Vermögenden vorschlagen. Familien mit hohen Einkommen würden ebenfalls überproportional begünstigt. Die AfD will nämlich ein „Familiensplitting“ einführen. Das hätte den Effekt, dass die Steuerersparnis umso größer ausfällt, je mehr Köpfe eine Familie zählt. AfD will „Wirtschaftswunder“ starten Folglich könnten Familien mit hohen Einkommen mit besonders kräftigen Steuernachlässen rechnen. Von einer Zuwendung zu den „kleinen Leuten“ ist auch da nichts zu spüren. In der Wirtschaftspolitik will die AfD „den Abstieg Deutschlands wirklich beenden“ und ein neues „Wirtschaftswunder“ starten. Mit deutschen Arbeitskräften wird das indes angesichts der demografischen Entwicklung kaum zu stemmen sein. Selbst wenn die AfD-Familienpolitik zu einer höheren Geburtenrate führen sollte, werden diese neuen Mitbürger frühestens in 16 oder 18 Jahren dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Deutschland ist demnach auf die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte angewiesen. Es passt deshalb nicht ins Bild, dass im Leitantrag die Aussage, die AfD begrüße die Aufnahme europäischer Arbeitskräfte im Zuge der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit, ersatzlos gestrichen wurde. Das klang der Mehrheit wohl nicht völkisch genug. „Interessengeleitetes Verhältnis“ zu den großen Weltmächten Voller Widersprüche sind ebenso die Ankündigungen der AfD in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Die Bundeswehr soll gestärkt, die Wehrpflicht wieder eingeführt werden. Gegen wen die Bundeswehr uns verteidigen soll, lässt die AfD offen. Russland scheidet aus Sicht der AfD jedenfalls als potentieller Aggressor aus. Würden sonst so viele AfD-Politiker sich um gute Kontakte nach Moskau bemühen und jegliche Unterstützung der Ukraine – ganz im Sinne Putins – ablehnen? Dass die AfD von Putins Friedensliebe überzeugt ist, zeigte sich beim Nein des Parteitags zu Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland. Da liegt die AfD übrigens auf einer Linie mit dem „Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)“. Die AfD strebt ein „interessengeleitetes Verhältnis“ zu den großen Weltmächten an. Dabei wird betont, dass neben den USA und China ebenso Russland gemeint sei. Irgendwie scheint die AfD die Sorge umzutreiben, die anderen Parteien würden sich nicht hinreichend um Putin bemühen. Groteske Einstellung gegenüber den USA Geradezu grotesk ist die Einstellung der AfD gegenüber den USA. Die Behauptung, die Bundesrepublik sei nicht mehr und nicht weniger als ein Vasall Washingtons, gehört zu den festen Überzeugungen aller Rechtsextremisten. Weidel selbst hat kürzlich in einem Gespräch mit einem rechtsgerichteten US-Magazin suggeriert, die Deutschen seien „Sklaven“ der US-Politik. „Sklaven kämpfen nicht“, antwortete sie auf eine Frage zur Nato und zur Unterstützung der Ukraine. Wenn die Deutschen „Sklaven“ sind, dann wird Donald Trump demnächst Joe Biden als „Sklavenhalter“ ablösen. Dessen Freund und Finanzier Elon Musk bewundert die AfD-Kanzlerkandidatin hingegen mit einer Inbrunst, wie sie für Groupies von Showstars typisch ist. Musk hat kürzlich in einem auf „X“ geführten Gespräch mit Weidel behauptet, nur die AfD könne Deutschland retten. Auf dem Parteitag dankte Weidel ihrem Unterstützer überschwänglich dafür, dass er auf „X“ den AfD-Parteitag übertrug. Die „Sklavin“ dankt dem „Master“. Trump: AfD erscheint als EU-Gegner als williger Helfer Die Einmischung des reichsten Mannes der Welt und Trump-Beraters in den deutschen Wahlkampf erscheint nur auf den ersten Blick schwer verständlich, macht aber aus Musks Sicht durchaus Sinn. Denn die Schwächung der Europäischen Union liegt im Interesse der Trump-Regierung. Trump weiß, dass er seine geplante rigorose Zollpolitik nur umsetzen kann, wenn die Europäische Union zu schwach für entsprechende Gegenmaßnahmen ist. Da erscheint die AfD als EU-Gegner als willkommener, williger Helfer. Der von der AfD georderte Austritt Deutschlands aus dem Euro-System wäre aus amerikanischer Sicht ebenfalls eine erfreuliche Schwächung Europas. Es passt halt vieles nicht zusammen bei dieser Partei, die laut Weidel – „wenn wir am Ruder sind“ – so vieles ändern will. Doch offensichtlich baut die Partei nicht darauf, mit ihren politischen Vorstellungen die Wähler von sich zu überzeugen. Die AfD setzt vielmehr auf die Unzufriedenen und Enttäuschten, auf Ausländerfeinde und Rassisten, auf alle, die es „denen da oben“ zeigen wollen. Auf Konservative oder gar Liberale setzt die AfD jedenfalls nicht.Von FOCUS-online-Autor Hugo Müller-Vogg
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